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AVIVA-BERLIN.de im November 2024 - Beitrag vom 01.05.2017


HAYMATLOZ - EXIL IN DER TÃœRKEI. Ab 28.04.2017 auf DVD
AVIVA-Redaktion

In ihrem sensiblen und politischen Dokumentarfilm begleitet Eren Önsöz fünf heute erwachsene Kinder deutsch-jüdischer AkademikerInnen, die vor den Nazis in die Türkei geflüchtet waren, an Schauplätze ihrer Kindheit und Gegenwart in der Schweiz, Deutschland und in der Türkei.




Direkt nach der Machtergreifung durch die Nazis verloren rund ein Drittel der Professoren und Professorinnen, zumeist Juden, ihre Stellungen an deutschen Universitäten. Anders als beispielweise Singapur ist die Türkei als Exilland heute nur wenigen bekannt ist, ebenso wie die Tatsache, dass die von den Nazis Verfolgten von Atatürk eingeladen wurden, an seiner ambitionierten Universitätsreform mitzuwirken.

Etwa 300 Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen erhielten so Lehraufträge in der Türkei, was ihnen und ihren Familien das Leben rettete.

An der Europäisierung der Türkei waren die renommierten Deutschen wesentlich beteiligt. Doch was ist von dem Kultur- und Wissenstransfer unter Premier Erdogan übrig geblieben? Wo doch heute in der Türkei die Atatürkschen Reformen rückgängig gemacht und laizistische Strukturen aufgelöst werden. Gilt das auch für die Bemühungen der Exilantinnen und Exilanten? Geblieben ist neben dem wissenschaftlichen Wirken auch die Aufnahme des Lehnworts "haymatloz" in die türkische Sprache.

Die Filmemacherin Eren Önsöz begleitet die letzten Nachkommen dieser Professoren an Schauplätze in der Schweiz, Deutschland und in der Türkei. Mithilfe von fünf ProtagonistInnen, die in der Türkei geboren und aufgewachsen sind, untersucht sie dieses vergessene und wenig bekannte Kapitel deutsch-türkischer Geschichte, dessen Bedeutung bis in unsere Gegenwart reicht. Denn auch in der Gegenwart der heute noch lebenden Nachkommen ist das Gefühl der Heimatlosigkeit und der Schwierigkeit eines Lebens zwischen zwei Welten bis heute präsent. Sie leben vor allem mit dem Gefühl, in keine der beiden Welten zu gehören.

Die Protagonistinnen und Protagonisten:

Susan Ferenz-Schwartz
- ihr Vater, der Pathologieprofessor Philipp Schwartz wurde 1933 von der Frankfurter Goethe-Universität vertrieben. Er gründete wenig später in Zürich die "Notgemeinschaft deutscher Wissenschaftler im Ausland". 1953 und 1957 lehnte die Hochschule das Rückkehrgesuch von Philipp Schwartz ab. Die zum Zeitpunkt des Drehs 83-Jährige Susan Ferenz-Schwartz studierte später in der Schweiz Medizin und arbeitete als Psychiaterin.

Kurt Heilbronn - ist der Sohn von Alfred Heilbronn, der 1935 mit der Hilfe von Philipp Schwartz an die Universität Istanbul berufen wurde und dort das Institut für Pharmakobotanik aufbaute. Der Sohn, Kurt Heilbronn, wurde Psychologe.

Engin Bagda - wurde 1946 als Sohn des Chemikers Otto Gerngroß, der an der Universität Ankara lehrte, in Ankara geboren. Engin Bagda studierte Chemie an der Universität Heidelberg und promovierte an der Technischen Universität Stuttgart.

Enver Hirsch - ist der Rechtsprofessors Ernst Eduard Hirsch, der während seiner 19 Jahre andauernden Lehr- und Forschungstätigkeit in der Türkei als Berater für die die Fachhochschule für Recht in Ankara wirkte, an Entwürfen für das türkische Warenzeichen-, Patent- und Mustergesetz mitwirkte. Er wird als Haupturheber des türkischen Handelsgesetzbuchs von 1956 anerkannt und zeichnet für den Entwurf eines neuen Universitätsgesetzes verantwortlich sowie war Mitherausgeber des türkischen Rechtswörterbuch. Vor allem aber war er aktiver Wegbereiter des von Atatürk eingeleiteten Reform des Rechtssystems, weg von der Scharia und hin zum europäischen Recht. Dem 1951 geborenen Sohn gab er aus Dankbarkeit über die Rettung vor den Nazis zwei türkische Vornamen: Enver Tandoğan Hirsch.

Elisabeth Weber-Belling ist die 1943 in Istanbul geborene Tochter des Bildhauers Rudolf Belling, der in Istanbul eine Professur an der Akademie der Schönen Künste erhalten hatte. Die Tochter verwaltet heute den Nachlass ihres Vaters und arbeitet an seiner Biographie. An ihre Kindheit in der Türkei erinnert sie sich gern, es sei fröhlich und sonnig gewesen und der Ruf der Muezzin habe sie jeden Morgen geweckt.


AVIVA-Tipp: Der Initiative der Filmemacherin Eren Önsöz ist es zu verdanken, dass die Schicksale dieser von den Nazis verfolgten Menschen nicht in Vergessenheit geraten. In ihrem sensiblen Dokumentarfilm "Haymatloz - Exil in der Türkei" schlägt sie neben diesem wenig bekannten Thema aber auch den wichtigen Bogen zum gesellschaftspolitischen Leben in der Türkei heute.

Zur Regisseurin: Eren Önsöz, 1972 in der Türkei geboren, studierte Germanistik und Medienwissenschaften in Düsseldorf und Rom. Seit 1997 arbeite sie als freie Autorin, vor allem für den WDR. Ihr Abschlussfilm "Import-Export" an der Kunsthochschule für Medien in Köln wurde mehrfach ausgezeichnet.
Mehr Infos unter: www.erenonsoz.de


Haymatloz - Exil in der Türkei
Buch und Regie: Eren Önsöz
Land/Jahr: Schweiz, Deutschland, Türkei 2016
Sprachen: Deutsch, Türkisch. Untertitel: Deutsch, Türkisch, Englisch
Bildformat: 16:9
Laufzeit: 90 min.
Extras: Trailershow
Set-Inhalt: 1 DVD. Verpackung: Softbox
FSK: ohne Altersbeschränkung
Vertrieb: AL!VE
Label: mindjazz pictures
VÖ: 28.04.2017
Best.Nr./EAN: 6417169 / 4042564171693

Mehr Informationen zum Film (auf deutsch und türkisch) unter: www.haymatloz.com und www.facebook.com/HaymatlozFilm






Quelle/Copyright: mindjazz pictures


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Beitrag vom 01.05.2017

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